Diese Geschichte möchte ich gerne mit euch teilen.
Das Bild ist schon einige Jahre alt und entstand während meines
Studiums. Ich arbeitete, um mir das Studium irgendwie finanzieren zu
können, bei Edeka an der Kasse. Dies wurde zwar nicht sonderlich gut
bezahlt, ich hatte aber viel Kontakt mit anderen Menschen. Eine Dame
stach hierbei besonders hervor: Frau Hegemann.
Frau Hegemann kam einmal in der Woche - immer samstags um Punkt
13:00Uhr. Sie war eine kleine alte Dame, die man an ihrem langen lila
Mantel erkannte. Den hatte sie immer an. Außerdem trug sie auf ihrem
Kopf eine goldbraune Perücke, die oft etwas zu schief auf ihrem Kopf
lag. Die Perücke war stark zersauselt - manchmal fiel sie sogar runter.
Trotz ihres stolzen Alters von 88 Jahren, erledigte sie alles
eigenständig. Sie wog das Gemüse ab, verglich die Preise, und legte
jeden ihren Einkäufe selbst auf das das Fahrband an der Kasse. Nie habe
ich diese Frau verbittert oder grimmig gesehen. Selbst wenn ein
ungeduldiger Kunde hinter ihr an der Kasse stand und rummoserte, sie
solle doch bitte schneller machen, lächelte sie einfach und sagte: „Sie
sehen, ich bin nit die schnellste, aber dat hier hält mich fit“.
Frau Hegemann wurde sehr schnell meine Lieblingskundin. Sie konnte
wunderbar schöne und witzige Anekdoten aus ihrem Leben erzählen, hatte
aber auch immer ein offenes Ohr für meine Problemchen. Einmal erzählte
ich ihr, wie ein Mädchen bei einem Date, das Restaurant verlies, nur
weil ich ihr erzählte, dass ich Überraschungseier-Figuren sammeln würde.
“Wer nit sammeln kann, kann auch nit sparen, mein Lieber Herr
Kassierer“ war Frau Hegemanns Antwort „Jut, dat sie die
verschwenderische Schrulle los sind!“
Fortan pflegte Frau
Hegemann ein kleines Ritual bei mir an der Kasse. Das letzte, das sie
immer auf die Kasse legte waren drei Überraschungseier. Nachdem sie die
Eier bezahlt hatte, drückte sie mir eines davon in die Hand. Die anderen
beiden steckte sie in ihren lila Mantel „Eins für meinen lieben Herrn
Kassierer und zwei für meine beiden Enkelchen.“. Am nächsten Samstag
bekam ich wieder ein Überraschungs-Ei. Am folgenden erneut. Immer sagte
sie „Eins für meinen lieben Herrn Kassierer und zwei für meine beiden
Enkelchen.“ Dies ging bestimmt ein halbes Jahr so. Woche für Woche. Bis
Frau Hegemann auf einmal nicht mehr kam.
Ein Woche verging.
Zwei Wochen vergingen. Jeden Samstag um Punkt 13:00 Uhr starrte ich zum
Eingang. Doch kein lila Mantel. Keine schiefe Perücke. Es verging eine
weitere Woche. Es war bereits später Nachmittag. Meine Schicht bei Edeka
hatte ich beendet. Ich war zuhause und es klingelte an der Tür. Vor mir
stand ein hagerer großer Kerl mit Schnauzbart und Halbglatze. Er
lächelte etwas unsicher. „Sind sie Herr ... ?“ Ich nickte verhalten,
denn ich ahnte, was er mir zu sagen hatte. „Mein Name ist Frank
Hegemann. Ich bin der Sohn von Ruth Hegemann. Meine Mutter ist vor ein
paar Wochen von uns gegangen. Ich hatte die schwere Aufgabe die Wohnung
von ihr aufzulösen. Dabei habe ich das hier gefunden!“ Erst jetzt
bemerkte ich die Tüte in seiner rechten Hand. Sie war voller
Überraschungseier. Außerdem klebte auf ihr ein Zettel - Für meinen
lieben Herrn Kassierer. „Zunächst konnten wir mit diesem Satz nichts
anfangen.“ fuhr er fort „Ich habe dann bei ihrer Chefin im Edeka
nachgefragt, ob es einen Kassierer gibt, den meine Mutter vielleicht
damit gemeint haben könnte. Sie gab mir ihren Namen. Herr ..., meine
Mutter wollte, dass sie dies hier erhalten.“ Er überreichte mir die Tüte
und ohne auf meine Reaktion zu warten, verschwand er wieder.
Ich schaute mir die Überraschungs-Eier etwas genauer an. Es waren 48
Stück. Einige waren sogar schon abgelaufen. Andere nicht. Größtenteils
hatten sie alle unterschiedliche Verfallsdaten. Die Überraschungs-Eier
die vor mir lagen, waren keine neu gekauften. Die Überraschungs-Eier die
vor mir lagen, waren ursprünglich gar nicht für mich bestimmt. Die
Überraschungs-Eier die vor mir lagen, waren eigentlich für die Enkelchen
bestimmt. Die Überraschungs-Eier die vor mir lagen, wurden nie von
ihnen abgeholt.
Frau Hegemann hat mir eines klar gemacht: Lasst
uns unsere Familie nicht vergessen. Rollt nicht die Augen, wenn sie
euch eine Geschichte erzählen, die ihr schon hunderte Male gehört habt.
Besucht eure Familie, eure Großeltern, genießt jede Sekunde mit ihnen.
Nicht nur an Feiertagen wie Weihnachten, Ostern oder Bayram..
Hab die Geschichte auf Facebook gelesen und wollte sie teilen, damit sich der ein oder andere vllt. mal wieder an das wirklich Wichtige im Leben besinnt.
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